Thüringen - Millionenfür

Lars Herrmann lars.herrmann at gmx.net
Mit Okt 10 12:30:01 CEST 2001


Lutz Donnerhacke schrieb:

> Linux/BSD setzen wir selbst aktiv ein, der Vorwurf greift also nicht.
> Allerdings bin zumindest ich über die anfängliche Freude hinweg und sehe
> auch die Probleme mit Unices. Merke: Für jedes Problem gibt es immer eine
> angemessene Lösung, die nicht jedem gefällt.

war durchaus kein Vorwurf. Versuch doch einfach mal zu begründen, WARUM
ihr es einsetzt. Warum geht es dann anderswo nicht?

 
> Deine gesamten Argumente pro Linux sind für die Verwaltung wesentlich
> kostengünstiger und wesentlich leichter handhabbar durch Citrix Winframe
> lösbar.

Da widerspreche ich jetzt einfach mal. Kannst Du "kostengünstiger" und
"leichter handhabbar" verargumentieren? Ich stimme mit Dir überein, dass
sich mit ASP viele Probleme lösen lassen. Die Frage ist doch aber, ob
die Probleme denn so umfassend sind. Ich betrachte die öffentliche
Verwaltung nicht gerade als Zielkunden für ASP-Systeme.Für eine Behörde
mit 200 PC-Arbeitsplätzen ist das schlicht Overkill.
Abgesehen davon dreht sich hier die Kostenspirale noch weiter hoch. Und
geht überhaupt am Kern der Diskussion vorbei, da es für Unix genauso
nutzbar ist.
 
> Andererseits habe ich genug Fehlerteufel in Verwaltungen des Freistaats
> gemacht, um zu wissen, daß Linux gar nicht interessant ist. Wie möchtest Du
> denn eine AS/400 Umgebung migrieren, die schon jetzt von drei Hanseln
> zentral gemanaged (und supportet!) wird und extrem stabil funktioniert?

Warum sollte denn eine AS400 weichen müssen? Es wird doch gute Gründe
für sie geben. Ich argumentiere doch hier nicht für eine
Pinguin-Weltherrschaft. 
Ich zitiere Dich: "Für jedes Problem gibt es immer eine angemessene
Lösung, die nicht jedem gefällt." Linux/BSD ist deiner Meinung nach für
KEIN problem die angemessene Lösung???

> Logisch. Das gleiche Problem tritt bei IBM Lizenzen auf. Ebenso wie bei SuSE
> Lizenzen und bei Wartungsverträgen aller Art.

Mir ist nicht bekannt, dass ich für die Benutzung von (SuSE)-Linux oder
*BSD Updates nachlizensieren muss. Und selbst wenn das Bestandteil eines
Linux-Anbieter-Vertrages ist, wird sich das über den Markt gegen Null
bewegen. Du bist doch der Rechtsexperte.Vergleichen wir mal:
Die Meldung, die die Diskussion auslöste:
"Die Verwaltungen seien angehalten, die neuen Softwarelizenzen zu
kaufen, sagte der Geschäftsführer des Thüringer Landkreistages, Klaus
Vetzberger, dem Radiosender. Sonst liefen sie Gefahr, dass die Systeme
veralteten oder dass sie in kurzen Abständen komplett neue
Betriebssysteme anschaffen müssten.
Der Kreis Hildburghausen etwa wolle für die 300 Computer der
Kreisverwaltung 220.000 Mark (112.000 Euro) zahlen, um die neuen
Lizenzen zu erwerben, hieß es in dem Bericht weiter. Das Geld solle als
außerplanmäßige Ausgabe über den Nachtragshaushalt finanziert werden.
Nach Ansicht Vetzbergers zeige dies einmal mehr die Monopolstellung von
Microsoft."

Und nun (ohne Zitat) die GPL...


> Rein verwaltungsmäßig ist da
> nicht viel zu wollen, denn die Open License von MS gestattet es der
> Verwaltung für eine definierte Zeit beliebige MS Software in beliebigen
> Zuständen auf beliebigen Systemen einzusetzen, ohne sich weitere Gedanken
> machen zu müssen. 
> Sozusagen eine Pauschalabsolution für Raubkopien. Das ist
> verwaltungsmäßig ideal.

Open License ist mitnichten eine "Pauschalabsolution für Raubkopierer".
Richtig ist, beliebige Software in beliebigen Zuständen. Die Lizensen
werden dennoch alle  bepreist, wenn auch in Mengenstaffeln. Und die
Verwaltung/Freischaltung dieser Lizenzen erzeugt obendrein noch einen
zusätzlichen Verwaltungsaufwand und eine Fehlerquelle.
 

> >Es ist natürlich nicht alles eitel Sonnenschein, wie man sich das so
> >wünschen würde mit OS-Software, aber man kann doch etliche
> >Anwendungsbereiche vollständig besser und vor allem kostengünstiger
> >erschlagen. Man muss eben irgendwo beginnen.
> 
> Sicher, aber nicht mit einer derartigen Keule, die die verwaltungstechnischen
> Randbedingungen völlig außer Acht läßt.
> 

Was sind bitte verwaltungstechnische Randbedingungen? Ganz abgesehen von
dem Begriff Rand... lassen sich die Aufgaben in der Verwaltung genauso
unterteilen wie überall.
Die Systeme sind ja dementsprechend auch jetzt heterogen. Und wieso ist
die Einführung anderer Produkte eine Keule? Es handelt sich um den
partiellen Austausch von Produkten. Das kann z.B. für Server aller Art
vollsändig anwendertransparent verlaufen. Selbst ein Wechsel am
Client-PC kann weniger Lernaufwand mit sich bringen (z.B. WinNT->Icewm,
MSO97->SO6) als ein Wechsel innerhalb der MS-Palette (z.B. NT->XP).

Ich bin die Diskussion wirklich leid. So, wie sie geführt wurde, lässt
sie sich bis zur Einführung von Quantencomputern in der öff. Verwaltung
weiterführen.
Mein Standpunkt war und ist, dass sich verschiedene Aufgaben auch in der
öffentlichen Verwaltung durch die Verwendung von Open Source und freier
Software besser und vor allem kostengünstiger erledigen lassen - genau
wie in der Wirtschaft. Weder habe ich die Forderung erhoben, dass JEDE
IT-Komponente einem Wechsel unterzogen werden muss, noch habe ich
Linux/BSD als die absolute Krönung jeglichen IT-Schaffens hingestellt.

Fakt ist, dass freie Software einfach günstiger ist als alles andere und
dabei nicht mehr Probleme zu bewältigen sind als mit kommerziellen
Systemen aller Art, sofern man den Einsatz auf die Gebiete beschränkt,
wo ersteres gilt.


Dass die Existenz dieser Aufgabenbereiche kategorisch verneint wird,
kann ich nicht nachvollziehen.

Es muss einfach nicht sein, dass ein simpler Office-Arbeitsplatz mit 1-3
Spezialanwendungen auf teurer MS-Software, die zudem bekannte Probleme
aufweist, und wegen steigender Anforderungen schnell wechselnder
Hardware laufen muss.
Genauso muss ein File- oder Proxy- oder Mail- oder Datenbank-Server
zuallerletzt auf MS laufen. Und es muss nicht sein, dass Systeme
zusammenbrechen wegen ILoveYou, Nimda und was weiss ich. Und es muss
auch nicht sein, dass diese Bedrohung mit immer mehr öffentlichen
Geldern für Patches mit Reboots, Virenscanner usw. bekämpft wird. Und
genau das war der Kern der Diskussion.
Ganz abgesehen davon, dass die volkswirtschaftliche Wirksamkeit von
Ausgaben der öff. Hand im Falle von US-am. Softwarelizenzen wohl kaum
gegeben sein dürfte (schliesst Citrix ein).

Es handelt sich hier eindeutig um öffentliche Verschwendung, solange
nicht wirklich kalkulativ die TCO gegenübergestellt werden. Und dazu hat
Deine Argumentation KEINEN Beitrag geleistet. Es ist auch nicht unsere
Aufgabe, die TCO gegenüberzustellen. Dazu fehlen ja auch nahezu alle
Informationen. Aber eine öffentliche Diskussion dazu anregen kann man
schon, um den Vergleich überhaupt erst zu ermöglichen.

Wenn die LUG Thüringen tatsächlich kein Kribbeln im Bauch verspürt
angesichts dieser Zustände im eigenen Land, dann frage ich mich
wirklich, was die LUG ausmacht.

Lars Herrmann

P.S.: Ganz privat - ich finde Deinen Diskussionsstil fragwürdig. Du
stellst Allgemeinposten a la "Linux bietet keine erhöhte Sicherheit"
oder "Das Userland ist buggy" in den Raum, hälst es aber nicht für
nötig, diese Position mit Argumenten zu untermauern. Ich akzeptiere das
bei Fanatikern oder Menschen, die das Problem überhaupt nicht berührt,
aber doch nicht hier! Und wenn es Dich persönlich nicht interessiert,
dann würge eine Diskussion doch nicht so ab!


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